Mittwoch, 3. August 2011

It´s more than a feeling...

Wohnmobilidylle
...es ist eine Art Ferien zu verbringen!
6 Räder, 8 Meter und 10 Fenster.
6000 km, 3 Provinzen, 4 Nationalparks.
Eine Zeitzone überfahren, eine Schildkröte auf der Autobahn NICHT überfahren (hoffentlich haben die beiden LKWs hinter uns dies auch nicht getan...) und versucht, nie beim gleichen Supermarkt einzukaufen...
Hummer gegessen, Bärenkacke gesehen, Elche gehört und Wale gesehen.
Katy Perry-Konzert in Montréal, Wale gucken in Tadoussac, Mounties in Halifax und die Niagarafälle in Toronto.
Irgendwann saß ich einfach mal auf dem Beifahrersitz und habe angefangen zu lesen, denn ich KONNTE NICHT MEHR!
Nicht NOCH einen schönen Sonnenuntergang, nicht noch einen schönen Leuchtturm,



einen tollen Ausblick, einen Seehund im Wasser, eine Klippenlandschaft... mein Gehirn musste in dem Moment erstmal aufholen und versuchen, die ganzen schönen Eindrücke zu ordnen und für später abzuspeichern.
Der Teil Kanadas, den wir gesehen haben, ist so schön, weil alles zusammenkommt, was man so mag:
Im Fundybay gibt es die größten Ebbe-und Flutunterschiede der Welt!
Nehmt die Klippenlandschaft aus einem guten Rosamunde-Pilcher-Film, die Wälder aus dem Schwarzwald ohne diese hässlichen Trachtenhäuser und ersetzt sie durch bunte Schwedenhäuser. Dann packt ihr neben die Klippen das Meer, die Wälder bis ans äußerste Ende der Klippen, neben die Schwedenhäuser noch einen großen See und als letztes eine Straße, die groß genug ist, dass ein 5t Wohnmobil sie befahren kann. Wenn die Klippen sehr steil sind, muss natürlich auch ein Leuchtturm her.

Altes Fischerhaus im Nationalpark

Zwischen New Brunswick und Quebec
Und Petrus ist euch auch gut gesonnen und schenkt euch fast jeden Abend einen super schönen Sonnenuntergang und einen so starken Mond in der Nacht, dass das Meer silbern schimmert. Und wenn mal kein Meer da ist, dann sind da so viele Bäume, dass man nur noch grün sieht. Und dann stehen da Warnschilder, dass Elche die Wege kreuzen können und dann laufen da Schildkröten über die Autobahn...
Das Krasse ist, die Zeilen hier drüber sind kein Angeben, sie sind wahr!
Ich meine, ich saß oft am Steuer und dachte: "Ja, das sieht jetzt so aus, wie das Sauerland oder der Schwarzwald und die Küste in Irland und die Idylle in Schweden, also wo ist jetzt das Besondere?", und dann ging mir auf, dass ich das alles GLEICHZEITIG vor meinen Augen hatte.
Der St. Lorenzstrom war an Stellen so breit, dass man das andere Ufer nicht gesehen hat! In Montréal ist er so breit wie der Rhein...und im Rhein schwimmen keine Seehunde (und erst Recht keine Wale).

Auf dem St.Lorenzstrom vor dem Edward-Leuchtturm
Wo ich gerade bei den Walen bin, nein, sie sind nicht über unser kleines 12-Personen-Schlauchboot gesprungen und sie haben uns auch nicht mit der Flosse gewunken oder Krill aus unseren Händen gefressen. Sie haben auch nicht gesungen. Die haben anderes zu tun. Die kommen an diese Stelle des St.Lorenzstroms, weil sich da Salz-und Süßwasser treffen und da deshalb ganz leckere Seepflanzen wachsen und die Fischschwärme von den Strömungen verwirbelt werden und leichte Beute sind. Aber es ist so entspannend völlig lautlos auf offenem Gewässer herumzutreiben mit nur Sonne und blauem Himmel und Wasser im Blickfeld. Dann hört man auf einmal ein "PFFFSCHHHTT!" und dann atmet so ein Meerriese nicht weit entfernt vom Boot aus und stößt eine kleine Fontäne in die Luft.
Unser Schlauchboot
Alle Köpfe rucken herum und sind  beeindruckt diese riesigen
Säugetiere so lautlos und friedlich aus dem Wasser auftauchen zu sehen. Man sieht nur einen kleinen Teil ihres Körpers, aber gerade deshalb kommt man sich selbst so winzig vor, weil der Teil, den man gesehen hat, schon größer ist, als man selbst. Und dann hab ich mich gefragt:" Wieso nehmen wir uns das Recht raus, über ihren Lebensraum zu bestimmen und ihn auszurauben?"
Aber ich glaube, ich muss die nächsten 2 Jahre meine grünen Gedanken hinter meinen Lippen verschließen, denn unser Wohnmobil hat 25 l auf 100 km verbraucht und dabei sind wir SPARSAM gefahren...und auf den Campingplätzen gehörten wir zu den Kleinen...echt wahr!

Das ist er, unser HASE...manchmal ein bisschen durstig, aber sehr treu!


Aber die Campingplätze waren fast immer super, so mit eigener Feuerstelle, Holzbank und Holztischen. Im Wald, am Meer, im Nationalpark oder auf einer Halbinsel. Wir haben natürlich auch mal auf einem Walmart-Parkplatz übernachtet (ist hier in Nordamerika auf allen Walmart-Parkplätzen erlaubt), auf einem
Eine Campparzelle mit selbstgemachtem Frühstück
Autobahnrastplatz ebenfalls und direkt neben der Rennstrecke und dem Casino hier in Montréal (denn Wohnmobile dürfen nicht in die Innenstadt). Die Camper, denen wir begegnet sind, haben fast alle milde gelächelt, als sie unser Reiseprogramm gehört haben und meinten dann häufig so: "Ja, als wir jung waren, haben wir auch Kilometer abgerissen...", stimmt, haben wir auch, aber wir waren nie in Eile, naja, einmal schon....und das kam so: Der St.Lorenzstrom ist für mich ein Fluss. Und auch wenn wir schon Wale geguckt hatten und ich mir der Weite bewusst war, dachte ich nicht, dass dieser riesen Fluss Ebbe und Flut unterliegt...und als wir die Fähre nehmen wollten, war Ebbe. Das heißt, die Fähre musste unterhalb des Steeges anlegen und mit einer Brücke zum Steeg verbunden werden. Und unser Wohnmobil war 6cm zu wenig vom Boden enfernt, um bei einer Länge von 8 Metern über diese Anlegebrücke zu kommen, ohne aufzusetzen. Tja und wir wollten genau an diesem Tag noch 500km weiter kommen...also sind wir 200km zurück nach Quebec-City gefahren, dort über die
Blick vom Campingplatz aus

normale Autobahnbrücke gesaust, um den St.Lorenzstrom zu überqueren und sind dann auf der anderen Seite wieder 200km nordöstlich gefahren...Wir waren schneller als die Fähre und es war preiswerter!
An was für Städten wir auch alles vorbeigekommen sind: Woodstock, New Germany, Denmark, Oxford, wir haben genau die Mitte zwischen Nordpol und Äquator gekreuzt, wir mussten unsere Uhr eine Stunde vorstellen, als wir in die Provinz New Brunswick ("Neu Branschweig", kein Scherz) gefahren sind. Kein Tag ohne Höhepunkt...aber ein Höhepunkt kann auch einfach mal Marshmallows über dem eigenen Lagerfeuer sein, oder selbstbelegte Pizza vor einem Wasserfall mitten in Quebec.
Ohne unser Wohnmobil wäre das natürlich nicht möglich gewesen und nach wenigen Tagen, hatte er auch seinen Spitznamen "Hase". Fragt mich nicht, warum er so hieß. War einfach so.
Die normalen Camper waren wir sowieso nicht. Wenn die Auscheckzeit vom Campingplatz 11 Uhr war, waren Björn und ich um 10.58Uhr an der Dumpingstation (da, wo man Dreckwasser ablassen kann), während unsere Nachbarn schon um 8.15 Uhr ihre Campingstühle fertig verstaut hatten und weitergefahren sind. Das schöne war immer, dass uns an jedem Ort gesagt wurde, dass wir ungefähr 10 Tage vor Hauptsaison da sein und uns deshalb immer noch einen Platz aussuchen konnten.
Und den Strand hatten wir auch für uns!
Vogelkolonie
Auf der Insel Bonaventure (Nationalpark mit einer riesigen Gelbhaubentaucherkolonie) waren wir vielleicht 300 Menschen. In der Hauptsaison erwarten sie 1800 Besucher pro Tag...
Genauso an den Niagarafällen: Wir haben 10 Minuten für unsere Bootstour in den Niagaranebel angestanden (ja, ich wollte unbedingt mal so eine Touristentour machen, wenn wir schon mal da sind!), die Vorrichtungen zum Anstehen gingen aber VIEL weiter.
Wir hatten aber auch Dinge, die so nicht eingeplant waren. 2 Tage Regen. Ich hatte mit 4 gerechnet.
Regentagprogramm


Ach ja und Halifax. 100 000 Einwohner und das war es dann auch ;-) Irgendwie hatten wir uns mehr versprochen, wahrscheinlich, weil das so der Eckpunkt unserer Reise war: Toronto-Halifax und zurück.
 Aber nicht schlimm, so haben wir Tage gespart und konnten die ganze Gaspesie noch mitnehmen und angucken!
Halifax- nicht mehr und nicht weniger
Und dabei habe ich auch gemerkt, wie schön es ist DREI Wochen Urlaub zu haben. Bei zwei Wochen Urlaub fange ich ab dem 4.Tag an, die Tage rückwärts zu zählen. Bei DREI Wochen Urlaub hatte ich das nicht nötig, weil ich wusste, es ist nicht zu kurz dieser Urlaub, sondern genau richtig.
Und man lernt ja auch ne ganze Menge, wenn man zu zweit drei Wochen auf 15m2 durch die Welt fährt.
Kann ich nur jedem Pärchen empfehlen. Es gibt viel zu lachen, viel zu besprechen und viele schöne Bilder zum Erinnern.
Und nach drei Wochen nimmt man dann die ganzen lustigen Begebenheiten mit in den Alltag zurück und denkt daran, wenn es mal stressig wird. Und das trägt einen dann bis zum nächsten Urlaub...




Tja, und jetzt bin ich wieder in Montréal...und gehe zur Schule...HÄ??? Zur Schule???
Ja. Als ich hier ankam, wollte ich mein Französisch verbessern. Hab ich gemacht. Ich spreche fließend. Aber ich schreibe wie ein 4.Klässler und das, obwohl ich nur noch Bücher auf Französisch lese. Also dachte ich mir, dass ich das noch ändern möchte, bevor ich zurückkomme und habe mich deshalb bei einem Intensiv-Grammatikkurs angemeldet. Beim YMCA-Sprachencollege hier in Montréal (In den letzten Wochen nehme ich auch jedes Cliché mit, wenn es geht :-) ). 4 Wochen, Montag bis Donnerstag, jeweils 3 Stunden Grammatikunterricht. Die erste Woche habe ich schon hinter mir und bis jetzt lohnt sich jeder $, den ich dafür bezahlen musste. Was ich immer sehr genieße, sind die Hin- und Rückfahrt, denn das YMCA ist mitten in der Innenstadt und dann muss ich immer durch die Wolkenkratzerschluchten fahren. Voll cool! Ich fühle mich jedes Mal wie in einem Film. Ich meine, in Deutschland gibt es solche Wolkenkratzer nur in Frankfurt und hier sind sie 15 Minuten mit dem Fahrrad entfernt. Und dann fahre ich mit meinem Bixi und guter Musik durch die Innenstadt und freue mich, dass ich in Montréal bin. Denn hier ist nämlich gerade wirklich Sommer. Björn und ich haben in Toronto einen der heißesten Tage, die jemals gemessen wurden, miterlebt und in Montréal war es die letzten anderthalb Wochen nicht besser. Jeden Tag mindestens 25°C OHNE Feuchtigkeit. Auf der Haut fühlt sich das dann immer nochmal 10°C wärmer an. Es war zwischenzeitlich so warm, dass wir ne Klimaanlage in unserer Wohnung installiert haben, damit wir wenigstens die Küche auf 28°C "runterkühlen" konnten. Und am Wochenende war hier das größte schwul-lesbische Festival Nordamerikas. Der CSD ist in 2 Wochen (haha und ich hab mich breitschagen lassen, die Schwimmgruppe für die Parade zu organisieren und stecke mitten in der Kostümplanung, Autoschmückerei und Getränkeorganisation und so) aber am Wochenende hat Montréals Community sich selbst gefeiert. Ich war natürlich mit Franzi bei der größten Transvestitenshow der Welt (wenn man der Moderatorin glauben darf) und es war wieder echt super!
Bei all dem Trubel merke ich aber auch, dass ich die Zeit HIER jetzt rückwärts zählen kann...Noch ein paar Wochen und dann bin ich wieder da. Und da freue ich mich dauf!
In diesem Sinne,
ich denke an euch!
Magnus

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